Dieser Abschnitt umfasst ca. 330 km.
Es sind einsame Landschaften durch Vorpommern-Greifswald, durch die Uckermark, das Märkische Oderland, dann durch das Oder-Spreeland hindurch. Zunächst fahre ich mit der Fähre nach Ückemünde, durch das Stettinhaff, ein fischreiches Gewässer, was mich aber durch die braun-graue Farbe nicht zum Baden einlädt. Ückermünde liegt etwas landeinwärts und so fährt die kleine Fähre erst einmal eine zeitlang auf der Ücker zum Anlegeplatz. Mich erwartet eine schöne Kleinstadt.
Abstecher nach Polen
Ich will nach Szczecin/Stettin in Polen. Es ist eine schöne, aber sehr einsame Strecke, am Neuwarper See entlang, durch Wiesen und Wälder. Mir begegnet kilometerweit kein Haus, kein Fahrrad, kein Auto. Manchmal bleibe ich stecken, da die Feldwege, die mir meine App anzeigt, vollständig versandet sind und ich mühevoll schieben muss. In Dobieszciyn komme ich über die Grenze. Da der Grenzverkehr moderat ist, stört es mich nicht, auf der Hauptstraße fahren zu müssen. Allein in Stettin stört mich schon, dass die Straßen fast alle zu Baustellen verwandelt worden sind, ohne dass ich einen Bauarbeiter sehe. Stettin hat einen sehr sandigen Untergrund, und so schiebe ich das Fahrrad wieder durch den Sand der aufgerissenen Straßen. Ich beeile mich, in die Stadtmitte zu kommen, durch den Park Jana Kasprowicza, den wohl schönsten Platz in Stettin, dann wieder 10 km raus aus der Stadt auf den Campingplatz. Es gibt neben den autobahnmäßigen Ausfallstraßen auch Fahrradwege, die aber nicht gepflegt sind. Hier ist Fahrradfahren noch nicht angekommen!
Allein, ich will ja an die Oder, die hier bis nach Gartz weiter im Süden in zwei Flüsse aufgeteilt ist, in die Westoder und die Ostoder. Ich fahre also die Westoder bis nach Gryfino auf der polnischen Seite, bevor ich mich entschließe, die Grenze zu wechseln, da ein Radfahren auf dieser Seite zu gefährlich ist. Es gibt, wie geschrieben, keinen eigenen Radweg, und Nebenstraßen haben meist ein Kopfsteinpflaster, so dass es sehr mühsam und langsam ist, hier vorwärts zu kommen.
Der Oder-Neiße Radweg
Auf der Westseite der Westoder befindet sich ein wunderschöner Radweg, der in Schwedt in den Oder-Neiße Radweg mündet. Dieser begleitet mich dann bis Guben über 200 km weit. Kilometer für Kilometer immer der Grenze entlang, hier die deutschen Grenzsteine, 200 Meter nach links die polnischen Grenzsteine, dazwischen das Odertal, als Nationalpark Unteres Odertal geschützt. Hier ist kein Auto, kein Dorf, nur hin und wieder eine kleine Wirtschaft zu sehen. Biber haben den Bestand an Birken soweit dezimiert, dass fast keine mehr zu sehen sind, dafür aber die abgenagten Baumstämme. Allein hier zu sein, macht einsam und ich bin froh, nach Schwedt zu kommen, um wieder Menschen zu sehen.
Doch Schwedt scheint ausgestorben. Es ist nachmittags und ich fahre durch die Innenstadt, ohne eine Geschäft und Mensch zu entdecken. Ist das das Paradies in der Uckermark, von dem alle so schwärmen?
Auf dem weiteren Weg komme ich nach Frankfurt/Oder. Diese Stadt hat eindeutig zwei Gesichter. Alte, wiederaufbereitete Stadtviertel neben Plattenbauten, auf denen großflächig für die Bundeswehr geworben wird. Für mich als Pazifist ein sehr ambivalentes Bild.
Urlaub am Helenesee
Wieder mehr Natur, – so fahre ich zum Helenesee, einem der schönsten Badeseen in Brandenburg. Es sind hier gerade mal 100 km nach Berlin und das ist an schönen Sonntagen zu spüren. Die wenigen Bademöglichkeiten sind überfüllt mit Touristen.
Die Stadt Eisenhüttenstadt entstand erst in den 1960-Jahren als Wohnstadt für das Eisenhüttenkombinat Ost. Dass die Stadt auch heute noch für die Verhüttung von Eisen steht, kann man überall sehen, große Denkmäler und all dominierende Hochofenanlagen zeugen davon. Der Ortskern besteht aus einem großem Platz mit flachen Gebäuden rings herum. Auch sonst sind die Wohnhausreihen in lockeren Abständen aufgestellt. Seit der Wiedervereinigung hat sich die Bevölkerungszahl fast halbiert, so sehr schlägt die Strukturschwäche dieser Region hier durch.
Guben ist eine geteilte Stadt, der Ortskern liegt im polnischen Teil. Dort heißt die Stadt Gubin und ist Opfer der Grenzziehung nach dem zweiten Weltkrieg, als die Oder als Grenze festgelegt wurde. 90% der Stadt wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Wilhelm Pieck, der erste Staatspräsident der DDR ist dort geboren worden, weshalb die Stadt auf deutscher Seite auch Wilhelm-Pieck-Stadt Guben heißt. Als Sehenswürdigkeiten sind die schönen Parkanlagen anzusehen.