Diesen nächsten Abschnitt lege ich mit dem Auto zurück. Meine Frau kommt mich besuchen und wir gönnen uns diese Ausnahme. Ausnahme auch in Bezug auf diesen Blog, aber dazu stehe ich. Es geht um Gleichberechtigung auf der Straße und nicht um ein purifiziertes Fahrradfahren.
Wir fahren nordöstlich in den Ribatejo, rüber über Leiria und Coimbra nach Norden. Weiter nach Porto und Viana do Castelo, bevor wir dann wieder die Rückfahrt nach Lissabon antreten.
Der Ribatejo und die Estremadura
Wenn man in Santarem aus dem Jardim das Portas do Sol („Garten der Sonnentore“) von oben hinunterschaut auf den Tejo, dann sieht man, wie dieser leidet. Er versandet zunehmend, und was übrig bleibt, wird weiter flussaufwärts durch Industrieabwasser verschmutzt. Dagegen stellt sich in Santarem nun eine breite Bürgerbewegung.
Überhaupt profitieren Städte im Landesinneren nur dann vom Touristenboom, wenn sie (sehr) alte Ausgrabungen anzubieten haben. Santarem als Hauptstadt des Ribatejos dagegen verwaist zunehmend, die Innenstadt zerfällt immer weiter. Denn auch die Portugies_innen zieht es zunehmend dahin, wo alle wohnen, an die Küste, in die Hauptstadt.
Noch ist der Druck zu klein, um eine Umkehrbewegung zu initiieren nach dem Motto: Entdeckt Euer Binnenland wieder. Dazu ist die Infrastruktur des Binnenlandes nicht entwickelt genug. Aber ich glaube, dass dieses bald kommen wird.
Das ist natürlich nichts Portugal spezifisches, das habe ich in den Ländern Frankreich und Spanien genauso erlebt.
Wir fahren weiter und kommen in das Gebiet rund um Leiria. Uns stockt der Atem: Soweit das Auge reicht, sind verbrannte Wälder zu sehen, nur die schwarzen Gerippe der abgebrannten Baumstämme stehen noch. Das ist der Stand August 2018. Wir fahren 20 bis 30 Kilometer durch solch ein Gebiet bis nach São Pedro de Moel, das an einem wilden, sehr schönen und abgelegenen Strand liegt. Das Dorf selbst ist sehr touristisch, und schon immer verbrachte hier die Elite Lissabons ihre Ferien.
Porto
Porto- das war lange Zeit die heimliche Hauptstadt Portugals. Vor allem im 18ten und frühen 19ten Jahrhundert war hier die Industrie angesiedelt, nicht zuletzt wegen der Verschiffung des Portweines. Auch heute noch ist die Industriedichte hier weitaus größer als in Lissabon. Man sagt auch – und da sind sich die Menschen in Portugal ausnahmsweise einig- „In Porto arbeitet man, in Lissabon lebt man“.
Darüber hinaus ist Porto zu einer hippen Stadt für junge Tourist_innen geworden. Da die Altstadt viel kleiner ist als in Lissaon, bedeutet das ein Massengeschiebe in der Hochsaison. Aber auch sonst ist Porto zu einer ganzjährigen Touristenstadt geworden. Trotzdem lohnt sich ein Besuch. Diese Stadt hat nichts mit den geschniegelten Städten Deutschlands oder Nordeuropas zu tun. Hier herrscht die Buntheit des Lebens, scheinbar ohne äußere Zwänge.
Das täuscht natürlich, denn auch Porto, und vor allem die Innenstadt und die Uferviertel befinden sich zunehmend in den Fängen von Spekulanten.
Im Douro Litoral und Alto Douro
Heißt Porto so, weil dort der Porto herkommt? Wenn nicht, wo kommt dann der Portwein wirklich her? Das sind die Standardfragen einer_s Besucherin_s, wenn er_sie in die Region fährt. Um die Fragen aufzuklären: Porto heißt Hafen und tut natürlich nichts anderes, als den Portwein in die weite Welt zu verschiffen, meist nach England, denn viele der Portweinkellereien gehören englischen Familien seit Generationen. Noch nicht einmal die „Kellereien“ in der Vila Nova de Gaia sind wirkliche Kellereien. Manche waren es früher einmal, heute sind sie nur noch Showrooms für die Tourist*Innen.
Der Portwein selbst kommt aus dem Hinterland des Douros. Dort werden Wein angebaut und der Wein in den Kellereien veredelt. Deshalb heißt der Wein eigentlich korrekt: Dourowein. Man nennt ihn aber Portwein zur Unterscheidung der veredelten von den nicht veredelten Weinen aus der Region. Zentrum dabei ist Peso da Régua. Wenn man dahin fährt, dann versteht man, warum dort der Wein besonders gut gedeiht. Steile Hänge rechts und links des Douros ermöglichen viel Sonneneinstrahlungen, felsige Hänge die Wärmespeicherung.
Unvergessen bleibt dabei eine Bootsfahrt den Douro hinauf, vorbei an den Weinhängen und den vielen auch in Deutschland wohlbekannten Portwein Kellereien,
Im Minho
Am nördlichsten Zipfel Portugals kann man in den Minho eintauchen. Wie überall in Portugal sind in den Grenzgebieten Einflüsse der jeweils anderen Seite in Spanien zu entdecken, hier die des Galiziens. Man ist stolz, Minhote zu sein, man hat seine eigene Musik, seine eigenen Tänze. Minhotische Tänze kann man entdecken, wenn man nach Santoinho fährt. Es liegt südlich der Hauptstadt Viana do Castelo.
In Santoinho kann man 2 mal wöchentlich auf einem Gutshof die minhotische Kultur kennen lernen. Für einen Beitrag von ca 13 Euro gibt es neben „all you can eat“, „all you can drink“ auch ein „all you can dance“. Das Essen schließt Sardinen, Fleisch, Suppe, Wein ein. Zuerst werden dabei die typischen minhotischen Tänze aufgeführt, bevor dann alle auf das Tanzparkett eingeladen werden. Ein echtes Vergnügen nicht nur für Tourist_innen.
Natürlich sollte man auch Viana do Castelo mit der relativ neuen Kirche Igreja de São Domingo als Wahrzeichen hoch oben auf dem Berg besuchen. Viana hat auch die Dienste des Architekten Eiffel in Anspruch genommen, wie auch in Lissabon mit dem Elevador de Santa Justa. Hier erbaute er die wirklich sehenswerte Brücke über den Fluss Lima.
Am Ende dieses Ausfluges geht es über Ericeira wieder zurück nach Lissabon. Dieses kleine Fischerdorf ist inzwischen so touristisch, dass man von den Fischern nicht mehr viel sieht, man muss sie suchen. Viele Tourist*Innen benutzen Ericeira auch als Ausgangspunkt für Lissabon-Touren. Die Strände sind klein und voll und in der Stadt quirlt das Leben. Eindrucksvoll die Steilküste vom Strand hoch zur Stadt.