Diese Strecke umfasst ca. 750 km.
Nach der etwas anstrengenden, weil steilen Überquerung des Parco Regionale del Conero kurz nach Ancona treffe ich vor Porto Recanati wieder auf den Strand. Südliche Wegbepflanzung immer den Strand entlang ermöglicht ein Gefühl, jetzt im Süden angekommen zu sein.
In den Marken
Ferienhäuser, bunt gemischt in verschiedenartigster Architektur lockern die Tatsache auf, dass man hier seine Zeit eigentlich nur zur Sommerzeit verbringt. Aber eine interessante Alternative zu den Betonklötzen aus den 70 Jahren.
Der Anspruch: Die ganze Adria soll ein Fahrradweg hinunterführen, die Ciclovia Adriatica. Spätestens aber an der Grenze nach Apulien ist dieses Ziel nicht mehr sichtbar. Allerdings sind die Wege in den Marken, aber vor allem in den Abruzzen hervorragend ausgebaut. Meist umgebaute Eisenbahnlinien entlang an der Küste ermöglichen ein Fahren wie auf einer Fahrradautobahn. Bilder weiter unten folgen.
Der ausgebaute Fahrradweg bedeutet aber nicht, dass immer wieder der Weg im Wald, Gestrüpp landet oder einfach mal beendet wird, weil andere Grundstücke im Wege stehen.
In den Abruzzen/Abruzzo
In Pescara überquere ich diese Brücke. Sie ist zweigeteilt, eine für Fahrräder, eine für die Fußgänger.
Weinreben am Wegrand. Die Farbe deutet auf den Einsatz von Kupfer hin, so unnatürlich blau sehen sie aus.
Hier in den Abruzzen führt der Weg nicht mehr direkt am Strand, oft auch auf den Fußgängerwegen, sondern führt leicht einen Hang hinauf auf eine ehemalige Zugstrecke mit traumhaften Ausblicken auf das Meer. Die Tunnel sind stockdunkel, was bei viel Sonne Probleme bereitet, wenn der Übergang zu abrupt verläuft und viel Gegenverkehr ist. Hier wünsche ich mir mehr Beleuchtung.
Diese Holzgebäude sind sehr häufig an der Küste anzutreffen. Sie haben vorgelagerte Hebel, an denen Netze angebracht werden können. Sie können zum Fischfang eingesetzt werden, aber immer öfters sehe ich, dass sie als Messstellen für die Wasserqualitätsüberwachung verwendet werden. Sehr beliebt sind die Hütten aber auch, weil in ihnen sehr gefragte Muschelrestaurants eingerichtet sind.
In Molise
Die Durchquerung von Molise dauert nur wenige Stunden, es sind nur ein paar Kilometer am Strand entlang. Kurz vor Termoli, eine malerische Kleinstadt im Fels reingehauen, ist erst einmal Schluss. Hier spätestens ist die Cicliovia Adriatica beendet, ich muss auch die SS16, die Hauptstraße ausweichen. Die Seitenstreifen sind eng, es sind viele LKWs . Ich bin froh, als ich wieder kleinere Straßen erreiche, die mich nach Termoli und zu meinem Tagesziel, einem Campingplatz in Campomarino, führen.
In Appulien/Puglia
Dieses Bild bedeutet für mich nicht nur den Übergang von einer Provinz Italiens in eine andere. Es bedeutet für mich die Grenze in eine andere Welt. Eine Welt, die ich in Nigeria verortet hätte (ohne Nigeria zu nahe treten zu wollen, aber die Müllberge von dort gingen ja bereits um die Welt), aber bestimmt nicht im dritt-größten Land der EU.
Kulturschock! Der Müll liegt hier bereits mehrere Jahre. Exakt ab der Grenze von Molise begegnen mir in ganz Süd-Italien diese Müllhalden. Wer verantwortet so etwas? Ich habe allerdings an keiner Straße auch nur einen irgendwie gearteten Mülleimer gesehen.
Ich kann sehen, dass es seit Jahren einen regelrechten Mülltourismus praktiziert wird, inklusive die des Giftmülls. Überall brennen die Felder, die so vom Unkraut befreit werden. Ich radle kaum einen Kilometer ohne verbrannte Straßenränder zu sehen, entweder durch unachtsam weggeworfene Zigarettenenden oder bewusste Müllvernichtung. Übrig bleiben die Flaschenreste, verbrannter Plastikgeruch hängt in der Luft. Diese negativen Aspekte werden überlagert durch eine andere Landwirtschaft, Tomatenfelder, soweit das Auge reicht, Tomaten aus Apulien eben. Das Grundwasser dazu will ich nicht untersucht haben. Dazu der Gegenwind des Scirocco, der Windböen bis zu 35 Knoten erzeugt. Die Luft ist diesig. Und es ist nicht nur die Luftfeuchtigkeit, die verhindert, dass man den Horizont sehen kann. Ich kann die Zusammensetzung der Luft riechen, den verbrannten Plastikgeruch, bei 43 Grad im Schatten vermengt mit erhöhtem Ozongehalt der Luft.
Ich fahre landeinwärts, da der Parco Nazionale del Gargano zwar wunderschön sein muss, aber zu steil und gebirgig für mich. Mein Ziel ist Foggia, die erste Provinzhauptstadt im Norden von Apulien.
Hier steht der gesamte Nord-Süd Verkehr erst einmal still. Der Grund sind Waldbrände, offiziell drei Stück, von Nord nach Süd, die verhindern, dass Züge fahren können.
Foggia, die Stadt, in dem mit der Angst vor der Mafia lebt. Mit einem netten Menschen, der deutsch spricht, komme ich in einem Café ins Gespräch. Er bestätigt mir, dass die Strukturen des Gemeinwesens aufgeweicht seien. Wo die Angst herrsche, bedingt durch die grassierende Arbeitslosigkeit, verstärkt durch die Flüchtlinge aus Lampedusa, wie er sagt, die viele Schwarzarbeit, stellt die Mafia die gesellschaftliche Instanz dar, die das Gemeinwesen verwalte und organisiere. Aber eben nach ihren Regeln. Und natürlich kämen dadurch weniger Steuereinnahmen in die Stadtkasse.
Aber er sei sauer auf die Stadtverwaltung. Diese sei total korrupt, sogar so korrupt, dass die Staatsanwaltschaft nun eingegriffen habe und das Stadtparlament ins Gefängnis gebracht habe. Nun regiere ein Verwalter aus Rom. Ich könne mir ja vorstellen, dass der keine neue Projekte initialisiere, sondern eben nur verwalte. Ich kann das gar nicht glauben und recherchiere nach. Demnach stimmt es, dass der Bürgermeister von Foggia, Franco Landela (Lega) erst im Mai 2021 wegen schwerer Korruption und Erpressung festgenommen wurde. Seine Frau, eine Verwaltungsangestellte und zwei Gemeinderäte, sowie der Stadtpräsident wurden unter Hausarrest gestellt. Ein unglaublicher Vorgang. Aber so sei das, in Süditalien
Das Fort in Barletta, wie übrigens in vielen adriatischen Städte, die damals sehr wehrhafte Forts vor Angriffen von außen aufbauen musste.
Wie fast überall in Süditalien, sind die Straßen gepflastert mit großen schwarzen Granitsteinen. Sie stellen sozusagen eine natürliche Geschwindigkeitsbegrenzung dar, da sie Autos langsamer fahren müssen. Aber auch für Radfahrer stellt dieses Pflaster eine Herausforderung dar. Man muss sehr langsam fahren und hofft, diese Hürde bals überwunden zu haben.
Die Strände hier bei Barletta werden steiniger, sie sind auch sehr klein. Hier fehlt das Geld für teure und umweltgefährliche Sandaufschüttungen. Aber dafür auch ursprünglicher, wenn nur der Hintergrund mit den Industrieanlagen nicht wäre. Aber natürlich gibt es solche Strände auch ohne Industrie.
Endlich in Bari, ein großer Überseehafen nach Griechenland und Südkroatien. Bari ist die Hauptstadt Apuliens und hat enge Straßen mit hochgeschossenen Häusern. Die alte Innenstadt, Bari Vecchia genannt, ist rund um das Fort angesiedelt und man fühlt sich dort in einer anderen Stadt.
Es brennt in diesen Tagen überall. Eine Feuerwalze durchquert Italien in diesem Jahr 2021. Da sind auch kleinere Parkanlagen in den Städten nicht ausgeschlossen.
Martialisch, kriegerische Bildhauerwerke überall in Bari, wie hier in dieser Kaserne des Comando Brigata Meccanizzata Pinerolo.
Wieder ein Fort in Mola di Bari
Ein Trullo als Ferienheim. Apulien und Basilikata sind die der Trulli, aber hier südlich von Bari, sind sie bereits öfters anzutreffen. Die Spitzen, die Zippi, sind meist mit einem Schlussstein, oder aber auch mit einer Zierkugel abgeschlossen.
Auch die Heulager sind oft als Trulli gebaut.
Polignano a´Mare, eine malerische weißgetünchte Kleinstadt in den Felsen gebaut. Es ist ein beliebter Ausflugsort für alle Menschen aus Bari. Dafür sind die 2 bis drei Buchten rund um die Stadt überfüllt.
Ich komme nach Monopoli (Nein, ich bin nicht über Los gekommen und habe keine 4000 Mark eingezogen…:=)). Die Innenstadt ist aber eher ernüchternd und besteht im wesentlichen aus einem großen Platz.
Südlich von Monopoli sind die Strände eher sehr felsig und am Rande von oft entlang römischen Ausgrabungen. Hier wurde früher viel Salz geschöpft, kleine Fischerdörfer von damals sind heute noch sichtbar.
Impressionen der felsigen Küste.
Bevor Lecce am Horizont auftaucht, durchfahre ich Brindisi
Brindisi ist eine alte Hafenstadt und hatte viele Handelskontakte mit Griechenland, später war es Flottenstützpunkt der Römer
Am Ende der römischen Straße Via Appia in Brindisi mit Blick auf das Meer
Die Strecke nach Lecce ist heiß, einsam und verbrannt. Es ist oft ein trauriger Anblick.
Lecce empfängt mich mit einem riesigen Friedhof. Die Mausoleen hier sind oft größer als manches Haus und lässt viele Rückschlüsse auf die Totenkultur Italiens zu.
Lecce ist eine alte Stadt. Das Amphitheater ist in der Stadtmitte und noch erhalten. Allerdings hat Mussolini die halbe Innenstadt neu aufbauen lassen und dabei viel Geschichtliches zerstört.
Die Strecke von Lecce nach Taranto widme ich dem tapferen Kampf der Olivenbäume gegen das Feuer. Was sind das für Überlebenskünstler! Dieser Baum oben im Bild ist gerade erst ausgebrannt, gerade eine Woche ist es her. Der Baum unten hat das gleiche Schicksal erlebt, nur ein Jahr früher. Er gibt kein Stück seiner Lebensader preis. Er treibt wieder und wird auch später wieder Früchte haben, die geerntet werden können. Für mich ein Wunderwerk der Natur!
Taranto wurde von griechischen Siedlern gegründet. Es war lange Zeit Marinestützpunkt und Handelshafen, hier im Bild ein ehemaliges Lagerhaus. Eine Drehbrücke verbindet den Nord- und den Südteil der Stadt.