Was bisher passierte -> hier lesen
Ich fahre weiter, von Österreich herkommend, auf der EuroVelo 6 nach Budapest.
An der Grenze in die Slowakei passiere ich ein Bunkermuseum, ein Relikt aus dem kalten Krieg. Bratislava empfängt mich hell und bunt. Wieder merke ich die architektonische Nähe zu Wien in Österreich.
Entlang der Donau geht es ein paar Kilometer, bevor ich die Grenze nach Ungarn überquere. Auf dem einsamen Weg nach Győr begegnet mit erst einmal ein totes Reh, welches sichtbar von Hunden oder Wölfen gerissen wurde. Aha, das wilde Ungarn, denke ich mir.
Das Bild stimmt aber nicht, alles in Ungarn atmet mehr als Österreich die vergangene Zeit unter der Monarchie. In manchen Dörfern meint man, die Zeit sei stehen geblieben.
Győr ist eine schöne Stadt, aber wie alle schönen Städte sind deren Innenstädte faktisch nur noch für Touristen hergerichtet.
Manche Wege sind durch das EuroVelo Programm der Europäischen Union hervorragend hergerichtet, täuschen aber nicht darüber hinweg, dass es noch kräftigen Ausbaubedarf gibt. Neben breiten Asphaltwegen bin ich auch einfach auf vielbefahrenen Straßen gefahren, aber auch holperige Feldwege waren dabei.
Ständiger Wechsel zwischen Slowakei und Ungarn
In Komárom wechsele ich kurzerhand die Donauseite und befinde mich in Komárno auf der slowakischen Seite. Diese Stadt hat eine sehr interessante Innenstadt. Eine der Plätze darin ist der aufgehübschte Europa-Platz mit seinen Häuserfassaden, die den typischen Architekturen aus 45 Ländern Europas nachgebildet sind.
Die Donau war schon immer Lebens- und Kulturraum vieler Völker. Ausgrabungen von römischen Gutsbesitzen zeugen von reger landwirtschaftlicher Nutzung, trotz der Gefahren, die durch Hochwasser und Überfällen vorhanden waren. Hier haben in einem Zeitraum von 1500 Jahren Kelten, Römer, Sweben, Hunnen, Goten, Gepiden, Langobarden, Awaren, Slawen, Bayern und Magyaren gelebt.
Die Donau ist ab hier bis kurz vor Budapest auch der Grenzfluss für die Slowakei und Ungarn und ich wechsele mehrfach die Flussseite. Es gibt ab hier kaum noch Brücken über einen Fluss, der inzwischen des Öfteren 500 Meter breit ist. Die Fähren fahren selten und unregelmäßig und so werden die Fahrzeiten der Fähren nicht selten zum Hindernis für ein Weiterkommen. Immerhin lerne ich die Städte Györ und Komárom, bzw. Komárno auf der slowakischen Seite kennen.
Ein sowohl endloser als auch einsamer Weg auf dem Deich führt mich nach Tát, wo ich den Radweg verlasse, und die vielbefahrene Hauptstraße nehme, die direkt nach Budapest führt, eine Abkürzung von ca 50 km. Es ist ein Autoput, der leider überhaupt nicht fahrradgerecht gebaut wurde.
Ich habe ein Ziel. Am Abend kommt eine Gruppe von 7 Freund*innen in Budapest an, mit denen ich dann das 300 km entfernte Osijek in Ost-Kroatien besuchen will.
Mit der Gruppe nach Süden
Die Gruppe und ich verbringen zwei Tage in Budapest, besuchen die Stadt mithilfe des Sightseeing Busses. Doch die Erklärungen im Bus sind dürftig und so muss ich oft im Internet nachrecherchieren.
Wir besuchen das Schloss, die Markthallen, die Oper. Immer wieder stelle ich die archtiektonische Nähe zu Wien fest. Nicht nur die Einteilung in nummerierte Bezirke erinnert daran. Interessant ist die Geschichte der Oper. Finanziert wurde sie von der Stadt Budapest und König Franz Joseph I zwischen 1875 und 1884. Der König legte aber als Bedingung fest, dass die Oper kleiner sein solle als die Wiener Staatsoper. Das hielten die Architekten ein, aber die Inneneinrichtung war reicher geschmückt mit barocken Elementen als das Pendant in Wien. Franz Joseph verließ schweigend nach dem ersten Besuch die Oper und wurde ab sofort nie wieder dort gesehen.
Die Stationen entlang der Donau sind Ráckeve, Dunaföldvár, Kalocsa, Dunafalva.
In Ungarn wird man immer wieder auf den Vertrag von Trianon aufmerksam gemacht, der Vertrag aus dem 1. Weltkrieg, der dem alten Ungarn als Kriegsverlierer Landverluste von etwa 2/3 der ursprünglichen Gebiete brachte. Aber es werden wieder die Ressentiments geschürt. Das ist so, als würden in Deutschland überall Tafel stehen, die Deutschland in den Grenzen von 1914 zeigen.
Die Landschaft ist sehr weitläufig, man kann den Paprikaanbau sehen, wir besuchen das Paprikamuseum in Kalocsa. Die ungarische Erfindung ist nicht das Paprika an sich, sondern dessen Zerlegung in ihre drei Bestandteile (Samen, Zwischenwand und Schale). Die Teile werden gemalen und wieder je nach Schärfegrad zusammengemischt. Daher kann das Paprikapulver so mild und mal so scharf sein. Paprika heißt auf deutsch übersetzt einfach Pfeffer.
Von Fahrradtourismus ist hier keine Spur mehr, wir sind weit und breit die fast einzigen Radtouristen. Die Donauauen sind weitgehend unberührt.
Schließlich überschreiten wir die Grenze nach Kroatien und fahren entlang der serbischen Grenze zum Weindorf Smajevac und nach Osijek. Dabei durchfahren wir den Kopacki Rit, Europas Amazonien.
-> weiterlesen: Meine Fahrt durch Slawonien- Ostkroatien.